Bekannt wurde er durch „Club der roten Bänder“. Wir trafen Darsteller Timur Bartels im Rahmen des Films „Der Dänemark-Krimi: Blutlinie“ zum Interview. und er verriet uns, weshalb er keinen „Tatort“-Kommissar spielen würde.
TVMovie Online: Du spielst Bjarne Vinter, welcher im „Dänemark-Krimi“ Pfeil und Bogen selbst herstellt. Hast du vielleicht dadurch auch ein Interesse am Bogenschießen bekommen?
Timur Bartels: Witzige Frage. Ich weiß noch als Kind wollte ich das immer machen. Das war einmal nach Fasching, da war ich als Wickie (Wikinger) unterwegs und hatte auch einen Pfeil und Bogen, da wollte ich dann unbedingt Bogen schießen lernen. Meine Eltern haben mir das aber nicht erlaubt. Das ist ganz cool als Schauspieler, man hat mit Sachen zu tun, die man sonst nicht so macht. Aber ich bin jetzt nicht danach in einen Schützenverein eingetreten.
Bjarne Vinter wird von Anfang an als Täter verdächtigt und verfolgt. War es für dich einfach, sich in die Rolle einzufinden?
Ich finde, das Schwierige ist immer, dass wenn du gerade eine Rolle spielst, wo du nicht direkt der Gute bist oder die Figur etwas macht, dass eher aggressiv ist, dann muss das aus einer inneren Not herauskommen. Ich finde bei dem Bjarne ist sein Verhalten so impulsiv und sehr unkontrolliert. Es bricht dann einfach aus ihm heraus, er hat sich also nicht immer perfekt unter Kontrolle. Da ist dann die Herausforderung, dass es aus einer wirklichen, ehrlichen, inneren Not rauskommt, nicht einfach so komisch rüberkommt.
Gibt es denn Ähnlichkeiten zwischen dir und deiner Figur?
Ich glaube schon, dass es in jeder Rolle Ähnlichkeiten gibt, die man auch selbst hat. Jeder Schauspieler oder jede Schauspielerin hat ja andere Wege, wie man in die Rolle reinkommt und ich versuche immer mit Sachen aus meinem eigenen Leben zu arbeiten, die mich dann wirklich wütend machen oder wirklich so in Rage bringen. Aber ich würde jetzt in meinem echten Leben nicht irgendwie auf Leute schießen. Irgendwie steckt trotzdem alles in jedem, denn du bist ja in der Lage alles zu machen, also theoretisch könntest du einen Bogen nehmen und auf jemanden zielen. Wir würden es wahrscheinlich nicht machen, aber man hätte die Möglichkeit, deshalb glaube ich, dass alle Farben immer in einem drin sind und dann nur im Gespieltem doller malen.
Was hat dich denn an der Rolle oder vielleicht auch am gesamten „Dänemark-Krimi“ am meisten gereizt?
Ich mag generell an dem Format, dass es auch in anderen Ländern spielt. Dänemark ist ein Land, das ich total gerne mag, ich habe da auch schon mal einen Schauspielkurs gemacht. Die Kolleg:innen aus Dänemark haben, generell in Skandinavien, sehr hohe Ansprüche als Schauspieler:innen. Ich mag die Energie, die sie mitbringen. Und auch die Ecke in Dänemark, wo wir waren, da hatte die Landschaft etwas Bilderbuch-schönes und ich glaube immer, wo alles perfekt aussieht, gibt es dann auch irgendwo eine dunkle Kehrseite. Ein Beispiel: Ich war dieses Jahr mit meiner Freundin in Island und es sieht alles so perfekt aus und man fragt sich, wo der Haken ist, wo ist die Kehrseite der Medaille.
Würdest du dann auch gerne in einem eventuellen Island-Krimi mitspielen?
Ich würde auf jeden Fall in einem Island-Krimi mitspielen. Erstens, weil ich da auf jeden Fall noch einmal hinwill, denn Island hat eine unglaubliche Natur. Das wirklich spannende daran ist aber, dass du mit Gegensätzen spielst, mit den Dingen, die man nicht erwartet. Alles sieht Bilderbuch-schön aus, aber im Winter ist es nur vier Stunden hell, es ist fast nur dunkel, es gibt da sicherlich auch eine depressive Seite an den Leuten. In Island leben ja ungefähr so viele Menschen wie zum Beispiel in einem
Bezirk von Berlin und es ist auch irgendwie ziemlich einsam, verlassen und düster irgendwo. Aber das finde ich eigentlich ganz cool, dass in Filmen zu beleuchten. Ich habe auch einmal in einem Kroatien-Krimi mitgemacht, ich mag einfach dieses Format, wo man verschiedene Länder und Natur einbezieht.
Timur Bartels (rechts) spielt im neuen „Dänemark-Krimi“ den verdächtigen Bjane Vinter. Foto: ARD Degeto/Sandra Hoever
Was hat dich am Schauspiel am meisten begeistert und gereizt?
Ich wollte früher eigentlich immer Musik machen. Ich habe ganz viel Unterricht geschwänzt und in einer Rockband gespielt. In der Schule hatte ich dann Darstellendes Spiel, wo ich zwei Mitschüler:innen hatte, welche schon als Kinder in Filmen mitgespielt haben. Die haben dann irgendwann gecheckt, dass mir das Spaß macht und meinten dann zu mir: „Komm mal mit zu unserer Schauspielagentur“. Ich war da 18 Jahre und für diese Nachwuchs-Agentur schon zu alt, weil ich keine Erfahrungen hatte. Eigentlich wäre dann der Weg gewesen, erst mal zu einer Schauspielschule zu gehen. Da ist mir dann klar geworden, dass das wirklich ein Beruf ist, den man machen kann, weil ich immer nur Filme geguckt habe und mir nie Gedanken darüber gemacht habe, wie die überhaupt hergestellt werden. Danach habe ich bei Castings mitgemacht und bin somit immer weiter reingerutscht. Irgendwann kam dann auch „Club der roten Bänder“.
Mittlerweile kombiniere ich Musik und Film sogar. Am 30. März ist ein Film zum Beispiel „Manta Manta 2“ herausgekommen, bei dem ich mitspiele und den Abspann-Song geschrieben habe. Und ich muss sagen, dass Schauspielerei mein Lieblingsjob ist, denn es ist so unglaublich abwechslungsreich. Ich kann mich zum Beispiel nicht lange auf eine einzige Sache konzentrieren, ich könnte nicht jeden Tag ins gleiche Office, ich brauche etwas Abwechslung. Als Schauspieler drehst du einmal in Berlin, dann drehst du in Dänemark, auf einmal hast du einen Bogen in der Hand, woanders spielst du Bestatter. Also es kann sozusagen alles sein. Auf jeden Fall sehr abwechslungsreich, deswegen bin ich dabei dann auch geblieben.
Aber gibt es irgendetwas beim Schauspielern, wo du sagst: „Nein, das mache ich nicht?“ Also Grenzen?
Ich habe kein Problem damit, auch den Antagonisten zu spielen oder nicht im Film beliebt zu sein. Ich gucke immer auf das Ganze, ob die Geschichte es wert ist, erzählt zu werden. Denn wenn da eine Figur ist, die ganz rechtsextrem oder Pädophil ist, der Film aber eine wichtige Botschaft für die Zuschauer:innen hat und er vielleicht auch etwas verändern kann, dann bin ich auch bereit etwas zu spielen, was ganz weit weg von mir selber ist. Vielleicht auch womit ich mich selber nicht identifizieren kann und ganz hart daran arbeiten muss, um da etwas zu finden, solche Menschen zu verstehen. Deswegen gibt es jetzt eigentlich keine Rolle, wo ich sagen würde, das will ich nicht machen. Was ich eher nicht mitmachen würde, wäre, wenn ich der Meinung bin, dass der ganze Film, das ganze Drehbuch eine Botschaft hat, die ich als nicht angemessen empfinde. Vielleicht werden bestimmte Menschen diskriminiert oder falsche Werte vermittelt, da wäre ich komplett raus. Darauf gucke ich eher, als welche Rolle und wie groß oder klein sie ist. Mich interessiert vor allem das Buch und auch wer dabei ist.
Könntest du dir denn vorstellen, weil du ja schon in sehr vielen Formaten und Serien kleinere Rollen gehabt hast, in einer dieser täglichen Serien mitzuspielen, wie jetzt zum Beispiel „GZSZ“, „In aller Freundschaft“, oder „Unter Uns“? Denn das ist ja nochmal eine ganz andere Art der Arbeit.
Witzigerweise war mein allererster bezahlter Job als Schauspieler eine Rolle bei GZSZ. Deswegen habe ich das schon mal gesehen, wie die arbeiten. Ich habe den größten Respekt vor den Leuten, weil wenn jeden Tag eine Folge rauskommen soll, dann muss auch jeden Tag eine geschrieben werden, jeden Tag eine geschnitten werden. Das ist eine unglaubliche Arbeit. Inhaltlich finde ich, ist es vielleicht manchmal ein bisschen zu wiederholt oder voraussehbar. Ich will nicht sagen, dass es plump ist, aber ich finde das nicht spannend. Und was ich auch am Anfang gesagt habe, ist, dass ich schnell gelangweilt von einer Sache bin.
Ein anderes Beispiel, wenn mir gesagt werden würde, wenn du hier draufdrückst, dann bist du zehn Jahre „Tatort“-Kommissar, was ja ein solides Kultformat ist, würde ich den Knopf auch nicht drücken, weil ich nicht so lange das Gleiche machen könnte. Das ist dann so wie bei Beamten. Nichts gegen Beamte, aber für mich wäre das nichts, denn ich würde mich irgendwann langweilen und es nicht mehr mit Leidenschaft machen, ich brauche die Abwechslung.
Du hattest ja gerade eben schon gesagt, dass das Genre Krimi ziemlich beliebt in Deutschland ist. Weißt du, woran das vielleicht liegen könnte?
Ehrlich gesagt weiß ich das nicht genau. Es ist ein gutes Format, um irgendwie Spannung zu erzeugen und es passieren Sachen, die extremer sind als die Alltags-Situationen, also man kann in etwas Neues abtauchen. Aber sonst frage ich mich diese Frage manchmal selbst, denn es gibt ja wirklich sehr viele Krimiformate.
Und seit Neuestem auch sehr viele True-Crime-Formate.
Ja, stimmt. Also an sich finde ich True-Crime-Formate noch viel spannender als komplett fiktionale Krimi-Geschichten. Aber scheinbar zieht es die Leute in seinen Bann. Man hat ja oft auch so eine Faszination, wenn es in eine ganz andere Welt geht, in die man vielleicht sonst gar nicht rein möchte oder darf, beziehungsweise sollte. Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen einen Reiz dafür haben. Da gibt es bestimmt irgendwelche Studien für, dass würde mich tatsächlich selbst mal interessieren.